Wo Glühwürmchen leuchten, herrscht ein guter Geist im Garten.
Vielleicht konntet ihr das Schauspiel schon einmal beobachten: Jedes Jahr ab Mitte Juni schwärmen die Glühwürmchen aus, flirren durch Wälder und Wiesen, immer auf der Suche nach Dates.
Den Rest des Jahres kämpfen sie ums Überleben, aus vielen Gründen. Mit wenig Aufwand können wir den Glühwürmchen im Garten gut dabei helfen.
Leuchtende Glühwürmchen in der Sommernacht, der beeindruckende Sternenhimmel in den Bergen oder am Meer – Licht im Dunkeln hat etwas Magisches. Auch im Garten. Was uns Menschen so gefällt, stört die Tierwelt allerdings empfindlich. Wenn Strahler von unten in die Bäume leuchten, kann kein Vogel in Ruhe brüten, und Insekten kommen mit ihrem Biorhythmus völlig durcheinander. Wie wir Menschen hat jedes einzelne Tier seine Zeiten, in denen es ruht oder aktiv ist. Egal, ob es in einem Sozialstaat im Schichtbetrieb arbeitet, wie die Ameisen, die in einem persönlichen Rhythmus immer mal die Fühler einklappen, den Kopf sinken lassen und vor sich hindösen, oder ob das Tierchen allein sein Leben lebt und den Hell-Dunkel-Wechsel braucht für den Start in den Tag – oder in die Nacht. Licht im Dunkeln ist für viele nachtaktive Arten wichtig fürs Fressen. Für Nachtfalter zum Beispiel bedeutet etwas Helles im Dunkeln eine Blüte und damit Futter. Lampen sind noch viel heller und werden als erstes angeflogen. Selbst wenn die Lichtquelle nicht heiß ist und das Tier nicht verschmort, wird es in dieser Nacht nur wenig fressen. Und Sex hat es vermutlich auch nicht.
Glühwürmchen machen ihr Licht selbst
Denn Licht ist auch wichtig fürs Dating. Glühwürmchen sind das Paradebeispiel. Diese eigentlich völlig unscheinbaren braunen Käferchen werden in der Dämmerung der Sommermonate zu magischen Wesen. Die Männer schwirren umher, auf der Suche nach Weibchen – die um die Wette leuchten.
Zum Leuchten bringen Glühwürmchen den unteren Teil ihres Hinterleibs. Der besitzt eine durchsichtige Haut, die Licht hindurchscheinen lässt und den enthaltenen Leuchtstoff zum Glimmen bringt. Den Vorgang, dass Tiere leuchten können, nennt die Wissenschaft „Biolumineszenz“. Auch andere Tiere können leuchten, zum Beispiel Quallen, Fische der Tiefsee oder Pilze wie der Hallimasch.
In unseren Breiten gibt es drei verschiedene Arten Glühwürmchen: den Kurzflügel-Leuchtkäfer, den Großen Leuchtkäfer und den Kleinen Leuchtkäfer. Weltweit gibt es über 2.000 verschiedene Leuchtkäferarten. Manche Glühwürmchen blinken, andere senden ein Dauerlicht.
Aber warum machen sie das? Mit dem Licht signalisieren sie ihre Paarungsbereitschaft und locken andere paarungswillige Glühwürmchen an. Meist leuchten die Weibchen, sie sitzen am Boden und warten, dass ein Männchen auf sie fliegt. Nur beim Kleinen Leuchtkäfer leuchten die Männchen. Da nur die Männchen fliegen können, sind fliegende Glühwürmchen immer die Männchen des Kleinen Leuchtkäfers.
Welche Art auch immer: Hat sich ein Pärchen getroffen, erlöschen die Biolumineszenz-Lämpchen aus – und es geht zur Sache. Danach legt die Glühwürmchen-Dame noch ihre Eier, dann ist der Lebenszyklus der Leuchtkäfer zu Ende. Glühwürmchen leben als erwachsene Käfer nur noch von Luft und für die Liebe. Sie fressen fast nicht, sondern zehren von den Reserven. Ihr kurzes Käferleben ist der Fortpflanzung gewidmet. Aber: Haben die Männchen auf der Suche nach ihren Weibchen die Orientierung verloren, passiert gar nichts. Keine Hochzeit, keine Eier, keine neuen Glühwürmchen.
Deshalb ist das Wichtigste, um Glühwürmchen im Garten beobachten zu können und sie zu unterstützen: Lichtruhe zur Paarungszeit. Ganz einfach mal alle Lampen auslassen, die nicht nötig sind zur eigenen Sicherheit im Dunkeln. Sondern eher der Inszenierung des Gartens dienen. Auch Solarlampen verursachen übrigens Lichtverschmutzung. Zusätzlich empfiehlt es sich, möglichst warme Leuchtmittel wählen. Und: Die Lichtstärke sollte möglichst gering sein. Auf der Terrasse zum Beispiel sind mehrere lichtschwache Lampen besser als eine, die stark genug ist, den ganzen Platz zu erhellen. So werden die Tiere möglichst wenig irritiert. Außerdem hilfreich: den Strahlungswinkel so verändern, dass das Licht nicht genau auf Bäume, Wiese oder Teich leuchtet. Oder das Licht niedriger anbringen. Kleine Lampen, die in Knöchelhöhe den Weg erleuchten, bringen Ihnen Sicht und Sicherheit und stören die Tierwelt weit weniger als in 1 m Höhe.
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Wichtig ist auch noch, dass die Lampen geschlossen sind und die Glühwürmchen nicht aus Versehen hineinkommen und nicht wieder herausfinden, wenn sie feststellen, dass sie sich geirrt haben und gar nicht bei einer Dame gelandet sind. Von einer Lampenoberfläche können die Tierchen wieder weg, wenn das bannende Licht ausgeschaltet ist. Auch Bewegungsmelder und Zeitschaltuhren helfen. Das Licht geht dann nur an, wenn es gebraucht wird, und keiner kann vergessen, die Beleuchtung auszumachen. Die Paarungszeit der Glühwürmchen ist Ende Juni Anfang Juli. Dann kann man sie auch am besten beobachten, am besten bei Neumond und feucht-warmer Witterung.
Was brauchen Glühwürmchen noch, damit sie sich wohlfühlen? Ihr liebster Lebensraum sind Hecken und Wiesen, Böschungen, Waldränder und andere lichte, luftige Gebiete. Diese gibt es in freier Wildbahn immer weniger. Deswegen kann ein bisschen Wildnis im Garten nicht schaden. Außerdem sind Steinhaufen, Trockenmauern oder auch Totholzstapel ideal: die Weibchen nutzen zum Anlocken gern erhöhte Sitzplätze. Als Platz für den Nachwuchs sind Laub- und Asthaufen bei Glühwürmchen sehr beliebt für den Nachwuchs; gerne ein bisschen feucht.
Glühwürmchen sind Schneckenfresser
So, dass sich dort auch Schnecken wohlfühlen. Denn: Glühwürmchen fressen am liebsten Schneckeneier und Schnecken. Die Leuchtkäferlarven jagen mit Gift, deswegen fressen sie durchaus auch richtig dicke Wegschnecken. Deshalb ist auch das eine wichtige Hilfe für Glühwürmchen: Kein Schneckengift auslegen. Und keine Schneckeneier absammeln.
Wichtig ist auch, dass ihr den Rasen und Wiese rund um die Paarungszeit nicht mäht. Gräser und Gebüsch nutzen die Tierchen oft als Tagesversteck, um vor der anstrengenden Nacht Kraft zu tanken. Die kleinen Lovebirds einfach so überzumähen, wäre doch sehr schade.
Lasst ein paar Säume mit wilden Kräutern und bunten Blumen stehen, vor allem in der Leuchtzeit im Juni und im Juli, damit die Tierchen ihre Privatsphäre haben. Diese können auch als Pufferzone fungieren, um die Tierchen vor Pestizideintrag vom Feld und zu viel Lichtquellen von außerhalb abzuschirmen. Wegwarte, Wildrosen, Brennnesseln und Kräuter wie Minze und Melisse, Borretsch und Schnittlauch, Nachtkerze, Disteln oder Seifenkraut eignen sich gut –darüber freuen sich auch andere Tiere der Nacht. In diesen Kräutersaum und zwischen Erde und Laub hinein legen die Glühwürmchen-Weibchen dann gerne ihre Eier. Aus den schlüpfen recht bald die Larven, sie werden mehrere Jahre im Boden leben und Schnecken fressen.
Irgendwann eines schönen Frühlingstags verpuppt sich das Würmchen dann, um in einer lauen Sommernacht im Juni an die Oberfläche zu kommen. Und um zu leuchten.
Vielen Dank an @louisalucky123 und Hannah Kullmann, die mir die Fotos von ihren Glühwürmchen zur Verfügung gestellt haben.
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Ein sehr interessanter Beitrag,
Werde im nächsten Juni auf der Lauer liegen…
Laubhaufen, Totholz und hohe Stauden warten schon…