Das Lächeln des Gartens

Schmetterlinge: es gibt wohl kaum einen Menschen, der sie nicht schön findet. So bunt, leicht, flatternd, schillernd wie sie sind. Und jede unserer Sprachen hat einen noch schöneren Namen für diese Tiere: Mariposa, Papillon, Butterfly.

Leider werden es immer weniger, vom Verschwinden der Schmetterlinge ist die Rede. Dafür gibt es viele Gründe; aber es gibt auch Ideen für jeden von uns, etwas dagegen zu tun.

Das, was wir als Schmetterlinge bezeichnen, ist in Wirklichkeit nur ein Stadium in einem langen Leben voller Verwandlungen. Erst sind sie kleine Eier, dann Raupen, die sich häuten und größer werden und noch mal und noch mal, dann verpuppen sie sich. Bis dann in dieser Puppe die Metamorphose beginnt: Alles wird flüssig und neu gemischt, und am Ende schlüpft aus der Hülle ein neuer Schmetterling. Erst etwas zerknittert und taumelig noch, aber dann fliegt er los, von Blüte zu Blüte, auf der Suche nach Nektar, auf der Suche nach seinem Gegenstück, mit dem er oder sie sich paaren kann; und dann auf der Suche nach Pflanzen, an denen die Schmetterlingsfrau ihre Eier ablegen kann, wo dann wieder die neuen Raupenbabys schlüpfen und an der sie sich dann satt und dick und groß fressen können.

Eigentlich überflüssig zu sagen, was jeder von uns tun kann tun, damit es gut läuft mit den Schmetterlingen: Erst einmal den Kampf gegen die Raupen einstellen. Das Dezimieren übernehmen die Vögel, auch Wespen und Hornissen und andere Insekten brauchen Raupen als Futter. Mit Gift gegen Raupen vorzugehen, tötet nicht nur den späteren Schmetterling, sondern auch andere Tiere und bringt das Gleichgewicht im Garten und in der Natur durcheinander. Genau das schadet über viele Ecken auch den Schmetterlingen.

Dann säen und pflanzen wir reichlich Blumen und Kräuter, auf denen sich die Raupen sattfressen können. An erster Stelle auf der Speisekarte steht bei vielen Schmetterlingskindern die gute alte Brennnessel, am besten die Grosse Brennnessel. Die sollten Sie an sonnigen Plätzen gewähren lassen und regelmäßig portionsweise zurückschneiden, denn die meisten Schmetterlinge mögen junge Pflanzen lieber als alte. Auch Disteln sind wichtig, nicht nur bei den Distelfaltern, die diese Pflanze sogar im Namen tragen. Klee, Blutweiderich und wilde Möhren sind ebenfalls beliebt. Die doldigen Samenstände hinterher werden auch von anderen Tieren gerne gefressen, von Vögeln bis zur Maus. Auch verschiedene Gräser sind wichtige Futterpflanzen.

Manche Schmetterlingsarten sind allerdings auf bestimmte  Futterpflanzen spezialisiert. Sie haben es schwer, wenn es die nicht gibt. Und es gibt Arten, die sind noch viel spezieller als man es sich vorstellen kann. Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist ein in Fachkreisen viel zitiertes Beispiel dafür. Bläulinge sind eine große Artenfamilie und nicht jede Bläulingsart ist tatsächlich blau gefärbt. Oft sind es nur die Flügel innen, oder nur das Männchen ist bläulich. So auch beim Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling, an dem wie gesagt nicht nur sein Name komplex ist. Der Lebensmittelpunkt dieser Bläulinge ist der Wiesenknopf; eine Wiesenblume, die im Juni mit roten, kugeligen Köpfchen blüht. Bläulinge ernähren sich vom Wiesenknopfnektar und nichts anderem. Und sie legen in die Blüten auch ihre Eier ab. Nur da, sonst nirgends.

Der Kreislauf des Schmetterlingslebens ist ein störanfälliges Räderwerk

Der Bläuling braucht nicht nur diese Blumen zum Leben, sondern auch eine bestimmte Ameisenart. Denn: sind die Larven in der Blüte geschlüpft und ein bisschen größer und dicker gefressen, fallen sie auf den Boden. Und warten darauf, dass sie von Ameisen gefunden werden. Eigentlich sind Raupen Ameisenfutter, aber der Bläuling hat chemische Duftmittel, um sich nicht nur zu schützen, sondern quasi adoptieren und in den Ameisenbau schleppen zu lassen. Dort bleiben die Raupen den Winter über und fressen sich an ihren Ziehgeschwistern dick und rund, hunderte Ameisenlarven kann eine einzige fressen. Irgendwann im Frühling ist der Zeitpunkt der Metamorphose gekommen: die Bläulinge verpuppen sich, entpuppen sich nach einer Weile wieder. Sind sie dann geschlüpft und noch ein bisschen knittrig, beschützen die Ameisen „ihre“ Schmetterlinge vor Fressfeinden. Bis der neue Falter dann endlich fliegen kann.  Dann suchen sie Partner – und Wiesenknöpfe zum Fressen und um Eier zu legen.

Auch wenn viele Schmetterlinge nicht einen so fein orchestrierten Ablauf brauchen, um den Kreislauf des Lebens immer wieder von neuem zu beginnen, zeigt es doch, wie empfindlich viele Arten auf kleinste Änderungen reagieren können. Und wie anfällig sie sind, wenn sich ihre Lebensräume nur ein klein wenig verändern. Wird die Wiese zu früh gemäht, sind die Raupen vielleicht noch nicht geschlüpft. Wird die Wiese zu spät gemäht, kann der Samen der Wiesenknöpfe nicht mehr keimen fürs nächste Jahr. Wird die Wiese entwässert oder gedüngt, wachsen gar keine Wiesenknöpfe mehr. Und das betrifft nicht nur den Bläuling. Jede Art hat auf ihre Weise ihre Bedürfnisse.  Selbst Naturschutzgebiete sind nicht kein sicheres Terrain, den Stickstoff aus der Luft und auch verdriftete Pestizide von anderswo können viel durcheinanderbringen. Der Klimawandel trägt seinen Teil ebenfalls dazu bei, fein austarierte Kreisläufe ins Schleudern zu bringen.

Einfach bunte Blütenpflanzen auszusäen hilft vielen Schmetterlingen also gar nicht mal so viel, wenn die anderen Bedingungen nicht passen. Besser als nichts ist es aber auf jeden Fall. Denn in unseren aufgeräumten Kulturlandschaften finden Insekten generell ab spätem Sommer kaum noch Nahrung. Dann können auch Schmetterlingstankstellen mit Obststückchen oder saftgetränkten Schwämmen wichtige Nothilfe sein. Um solche Futterplätze versammeln sich dann manchmal hunderte von Admiralfaltern um sich zu stärken, vor ihrem Zug nach Süden.  Auch Brombeerblüten und -früchte finden sie wunderbar. Ein weiterer Zugvogel unter den Schmetterlingen ist der Distelfalter. Sie überwintern am Mittelmeer und fliegen im Frühjahr nach Norden, bis nach Skandinavien, nicht einer am Stück, sondern etappenweise: sie legen unterwegs Eier und die nächste Generation fliegt weiter. Im Juli im hohen Norden dreht sich dieser Etappenlauf dann um.

Das Angebot für erwachsene Falter muss vor allen Dingen Nektar bieten. Lavendel ist bei vielen Arten sehr beliebt und ein guter Tipp ist es, verschiedene Sorten zu pflanzen oder ihn portionsweise zurückzuschneiden, dann sind bis in den Herbst Blüten da. Fetthenne und auch der Gewöhnliche Dost sowie Herbstastern sind ebenfalls Allround-Schmetterlingsfutter, sie blühen bis in den Oktober oder November reich und dekorativ. An warmen Tagen ist zum Beispiel das Tagpfauenauge auch spät im Herbst immer noch unterwegs.

Auch ein Nachtpfauenauge gibt es übrigens. Außer dem Namen besteht keine Verwechslungsgefahr. Verglichen mit der bunten Verwandtschaft sind Nachtfalter eher unscheinbar. Nicht alle sind wirklich nur nachts unterwegs, Hummelschwärmer und Taubenschwänzchen zum Beispiel fliegen auch am Tage. Aber das Leben in der Dunkelheit hat viele Vorteile: Ein Großteil der Fressfeinde – Vögel vor allem – schläft. Nur Fledermäuse sind unterwegs. Aber die jagen per Geräusch und vor denen muss man sie nicht mit großen Augen auf dem Rücken stark machen oder sich mit Blütenfarben tarnen. Wer Nachtfaltern etwas Gutes tun will, sät und pflanzt nachtblühende Blumen, damit sie was zu Trinken haben: Nachtkerze, Seifenkraut, Geißblatt zum Beispiel. Und verzichtet auf Gartenbeleuchtung. Nachtfalter fliegen auf Licht und künstliche Quellen ihr Liebesleben ziemlich durcheinander. Hat sich ein Falter ins Haus verirrt, tragen Sie ihn morgens vorsichtig in eine dunkle Gartenecke ins Gestrüpp.

Zwischen Raupe und Schmetterling verbringen die Tiere noch einige Wochen oder Monate als sogenannte Puppe. Dafür spinnen sie sich ein und hängen sich farblich gut getan an Blumenstängel. Andere verpuppen sich im Laub oder im Boden. Viele überwintern so. Wer beim herbstlichen Gartenaufräumen akribisch Stauden und Gräser schneidet und das Laub entfernt, wirft einen guten Teil seiner Schmetterlinge auf den Kompost. Weniger ist hier deutlich mehr und ein etwas unordentlicherer Garten Schmetterlingsschutz auf leichte Art. Einige überwintern auch als Falter, der Zitronenfalter zum Beispiel. Salze in seiner Körperflüssigkeit verhindern, dass sein Blut zu Eis wird, er sitzt manchmal selbst bei Schnee und Eis einfach im Gebüsch und lässt sich sogar zuschneien. Lieber ist ihm aber ein trockener Platz im Schuppen oder im Gebüsch. Zitronenfalter brauchen schon früh im Jahr Nektartankstellen: Schneeglöckchen und auch all die anderen Frühblüher wie Winterlinge, Märzenbecher, Krokusse, Blausterne oder Narzissen sind ideal. Kaum hat die Sonne ein bisschen Kraft, gaukeln sie dann durch den Garten, von Blüte zu Blüte.

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