Alles voller Blattläuse?!
Blattläuse sind Nervensägen. Und großartige Nutztiere für einen natürlichen Garten.
Ihr kennt das: Die ersten Bohnen schieben sich nach oben, der Mohn macht sich bereit für die große Blüte, der Apfelbaum beblättert sich – und zack, sind sie da: Blattläuse. Alles ist voller kleiner, weicher Tierchen in Schwarz, Grün oder Rosa, die Triebspitzen belagern, über Stängel krabbeln, an den Pflanzen saugen. Weg damit, das ist der erste Gedanke. Aber wie geht das möglichst ökologisch? Und ist es überhaupt nötig?

Nein, ist es nicht.
Pflanzen sterben in der Regel nicht an Läusen. Und auf den gesamten Garten betrachtet sind Blattläuse keineswegs einfach „Schädlinge“. Sie sind einer seiner wichtigsten Bestandteile. Ihre Existenz ermöglicht vielen anderen Tieren Leben und Überleben: Marienkäfer, Florfliegen, Vögel, Spinnen, Schwebfliegen, Fledermäuse futtern Blattläuse, füttern ihre Jungen damit, lassen Larven in Blattlauskolonien großwerden. Oder trinken vom Honigtau.
Das Gute: all diese Blattlausfresser sind fast genauso schnell da wie die Blattläuse. Das funktioniert aber nur, wenn die Blattläuse auch da sein und BLEIBEN dürfen, damit Schwebfliegen, Florfliegen, Marienkäfer, Vögel, Libellen und alle andere Blattlausfresserchen ihr Ziel bemerken und ansteuern können.
Ohne Blattläuse gäbe es für viele dieser Tiere keine Nahrung. Deshalb sind Blattläuse ein wichtiger Teil des großen Ganzen. Blattläuse sind das Plankton des Gartens. Blattlausliebe lohnt sich.
Wenn ihr euch auch in Blattläuse verlieben möchtet – und MIT ihnen erfolgreich und entspannt gärtnern möchtet, statt GEGEN sie: Dann schaut die Folge 11 von „Sigrids Artensprechstunde auf Birgits Bio-Balkon“. Es ist eine wirkliche Liebeserklärung an das „Plankton unserer Gärten“ und weil auch „Geliebte“ mal nerven können, geht es ebenso viel darum, wie ihr Blattläuse lenken und begrenzen könnt, mit Opferpflanzen, Stinkepflanzen, Pflanzenbrühen – und in dem ihr eben Blattlausfans zum Fressen einladet.
Die Artensprechstunde ist ein Online-Vortrag von mir, den ihr aufgezeichnet buchen könnt. Dazu gibt es ein ausführliches EBook mit allem wichtigen zum Nachlesen. Im Chat könnt ihr noch eure Fragen stellen, die Birgit und ich regelmäßig beantworten.
Ganz wichtiger Hinweis: Nie GIFT gegen Blattläuse. Insektizide töten nicht nur Blattläuse, sondern gleich alle Insekten in der Nähe: Marienkäfer, Florfliegen, Wildbienen, Schmetterlingsraupen. Und sie verschwinden nicht einfach, wenn man mit dem Sprühen aufhört. Besonders tückisch sind systemische Mittel: Sie gelangen über die Wurzeln in die Pflanze und damit in jedes Blatt – und in jedes Tier, das daran knabbert. Die Gifte reichern sich in der Nahrungskette an, landen auf dem Kompost, im Boden, in unseren Lebensmitteln. Das Gartenleben wird still, steril – nicht sofort, sondern mit der Zeit und auf Dauer.
Auch möglichst keine vermeintlich harmlosen Hausmittel wie Speiseölgemisch oder Seifenlauge. Das Öl verklebt nicht nur den Läusen die Tracheen und lässt sie ersticken, auch anderen Insekten. Auf der auf einmal glitschigen Pflanze rutschen nicht nur Blattläuse ab, sondern jeder. Und jede tote Blattlaus ist eine weniger, die der Nahrungskette aus Käfern und Florfliegen, Ohrenkneifern und Vögeln und Ameisen zur Verfügung steht. Ein Rädchen im Getriebe weniger.
Übrigens sind nicht nur Blattläuse entscheidende Schaltstellen im großen Ganzen. Auch Springschwänze, Mäuse, Mücken oder Schnecken haben eine viel wichtigere Rolle im Nahrungsnetz des Gartens als wir so gewohnheitsmäßig denken: Wenn Käfer die Lieblingsnahrung von Igeln sind und Käfer gerne Schneckeneier fressen, dann wird klar, dass Schneckeneier abzusammeln den Igeln am Ende schaden kann. Wenn euch das interessiert, hinter die Kulissen der Garten-Biodiversität zu schauen, dann ist mein Buch „Nahrungsnetze für Artenvielfalt“ genau das Richtige.
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Dann schreibe ich euch gerne auch eine Widmung rein. Das könnt ihr beim Bestellen angeben.
Damit ist eigentlich alles gesagt. Hands off und dem Fressen und Gefressen werden seinen Lauf lassen. Und: Blattläuse sind ideal, um diese Art des entspannten Gärtnerns zu trainieren. Denn hier geht es anders als bei Schnecken und Wühlmäusen wirklich schnell, dass sich das Räuber-Beute-System von selbst in Schwung bringt. Blattläuse sind gut, um diese Art des Gärtnerns zu trainieren, weil nach Tagen bis wenigen Wochen Erfolge zu sehen sind. Fress-Erfolge von anderen.
Blattlausfresser einzuladen könnt ihr unterstützen, in dem ihr ihnen es nett macht, zum Fressen, aber auch zum Eier legen – und zum Überwintern oder heiße Sommertage zu überstehen.
In meinem Buch „Haufenweise Lebensräume“ findet ihr viele Ideen, wie solche Rückzugsorte ganz leicht umzusetzen sind, in vielen Varianten von groß bis klein, schnell bis aufwändig, wild bis stylisch.
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Also: Wenn ihr Blattläuse auf euren Pflanzen beobachtet, versucht euch zu freuen. Und schaut hin: Auf welchen Pflanzen sitzen wie viele? Sind die Pflanzen fit, will ich sie essen? Nehmt euch ein paar Tage Zeit zu beobachten und abzuwarten, wie es sich entwickelt. Wird es der Pflanze zu viel, dann ist mechanische Bekämpfung die beste. Besiedelte Blätter und Äste abschneiden, auf den Kompost oder woanders hinlegen – dann könne die Läuse noch gefressen werden. Oder die Blattläuse einfach abstreifen. Mit Handschuhen, Klebestreifen oder auch einfach so. Vorbeugend helfen Mischkultur, Opferpflanzen und Stinkepflanzen die Blattläuse im Rahmen zu halten.
Ganz genau erfahrt ihr das alles – wie gesagt – in der Blattlaus-Folge der Artensprechstunde. Hier ist noch mal der Link: -> KLICK
Und dann gibt es noch die Lindenblattlaus:
Wenn es im Hochsommer unter Lindenbäumen klebt, ist meist die Lindenblattlaus im Spiel. Ihre Ausscheidungen – der sogenannte Honigtau – rieseln wie Zuckerwasser-Regen auf Autos, Fahrräder, Parkbänke und Gartentische. Für uns ein Ärgernis, für viele Tiere ein Festmahl. Und: Mit warmem Wasser lässt sich der Belag leicht entfernen, am besten direkt morgens, bevor die Sonne ihn karamellisiert. Oder honigtauliebende Pilze einen schwarzen Überzug gebildet haben. Hauptsaison fürs „Lindenkleben“ ist von Juni bis August.
Wenn ihr jetzt denkt: Blattläuse, okay. Aber da gibt es ja noch mehr Arten im Garten, die nerven: Giersch und Quecke, Mäuse und Milben, Maulwürfe und Mücken und Wespen. Vielleicht habt ihr Lust, auch die mal von einer anderen Seite kennenzulernen? Dann empfehle ich euch mein Buch „Friede den Maulwürfen“.
Darin habe ich 30 Plagegeister habe ich zu einem kleinen Interview gebeten. Das ist sehr unterhaltsam und gleichzeitig erfahrt ihr viel über artenreiches Gärtnern und entspannten Umgang mit gärtnerischen Nervensägen.
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