Gutes GEGEN Giersch? Gut mit Giersch
Kaum eine Pflanze treibt Gartenmenschen so in den Wahnsinn wie der Giersch. Doch anstatt gegen Giersch zu kämpfen, lohnt es sich, Giersch zu nutzen.
Das weitverzweigte Wurzelsystem macht Giersch nahezu unverwüstlich – wenn er einmal im Garten ist, bleibt er auch. Eigentlich gut. Denn Giersch ist nicht nur essbar, sondern auch ein Segen für Insekten und nützlich in der Haus-Apotheke.

Das heißt auch: Zaubermittel gegen Giersch bekommt ihr von mir nicht. Aber ihr bekommt viele gute Tipps, wie ihr euch gut mit Giersch stellen könnt. Loswerden geht nicht, aber ihr könnt ihn genießen und gut nutzen.
Für mein Buch „Friede den Maulwürfen“ habe ich verschiedene Garten-Nervensägen zum Interview gebeten. Sie sollten sich vorstellen dürfen, wie sie wirklich sind. „Gut“ und „Böse“ sind ja menschliche Kategorien. Allerdings mit dem durchaus auch menschlichen Hintergedanken, dass, wenn sie sich offen zeigen, dann zeigen sie auch wie man ihnen wirklich gut beikommen kann. Denn: Wer den Feind umarmt, macht ihn bewegungsunfähig. Deshalb lest ihr hier als Auszug aus meinem Buch: Das kurze Gespräch mit dem Giersch. Denn am Ende verrät er tatsächlich sein Geheimnis.
„Es gibt Menschen, die mögen mich, als Kraut und Gemüse oder Zutat fürs Pesto, aber auch einfach, weil ich so schön bin. Da darf ich im Garten wohnen, sogar zwischen den Rosen blühen und meine cremefarbenen, fedrigen Blütendolden zeigen. Das passiert aber selten. Meistens bekämpft Ihr mich, wenn ich noch ganz zart und grün bin, und weil ich einer der ersten bin, der seinen Blättchen aus dem Winterboden in die noch kalte Luft schiebe, ist es leicht mich zu erkennen.
Tipps und rigorose Methoden, mich zu töten, kursieren bei Euch ja jede Menge: Gift ist nur ein Weg, andere schlagen einen kompletten Bodenaustausch und Begasung vor. Oder Ihr deckt das Beet mit Mulch, Folie oder dicker Pappe ab. Zur Not jahrelang, bis meine Sippe ausgerottet ist, mit Stumpf und Stiel, ausmerzen sagt Ihr dann oft. Aber hey, ich bin nur eine Pflanze, noch nicht mal giftig. Und die ganze Aktion bringt noch nicht mal was. Ein Stück bleibt immer irgendwo oder von Nachbars Grundstück reist ein Samenkörnchen mit dem Wind wieder bei Euch ein.
Statt dass Ihr Euch so abmüht, könnten wir es doch auch mal in Ruhe und in Frieden miteinander versuchen? Ich mag zum Beispiel Gesellschaft, solche die auch fast ganzjährig grün und bodendeckend ist. Dann kann man sich die Arbeit auch teilen und ich muss mich nicht als einziger so anstrengen. Storchschnabel, Knöterich oder Frauenmantel, mit denen klappt es oft super. Am liebsten mag ich Wildpflanzen, die sind an ein bisschen robusten Umgang gewohnt und haben genauso Lust auf Ausbreitung wie ich, zum Beispiel Taubnesseln aller Art, Günsel oder Walderdbeeren. Eigentlich alle, die ähnlich wuchsfreudig sind wie ich. Denn darum geht es ja bei uns Pflanzen, die nackte Erde zu begrünen, aus Sonne Leben und Biomasse werden zu lassen, den Boden zu beschatten und alles in Gang zu setzen. Pionierpflanzen nennt man uns deshalb ja auch. Ist das getan, dann können wir uns auch entspannen. Das mache ich dann tatsächlich. Was die meisten auch nicht wissen. Aber wenn ich geblüht habe, bin ich durch mit meinem Programm, dann lasse sogar ich Lücken aufgehen. Wer mich nach dem Abblühen schneidet, sieht mich bis zum Frühjahr nicht wieder. Wer mich aber schneidet, wenn ich noch grün bin, und vor allem an meinen Rhizomen zerrt, der sorgt dafür, dass ich sofort wieder durchtreiben muss und wie Phönix aus der Asche mit neuer Kraft recht bald zurück bin.“
Das ist also das Geheimnis des Giersch: lasst ihn Blühen. Nicht unbedingt versamen. Aber wenn er geblüht hat, dann wird er deutlich zahmer und lässt sich leichter begrenzen. Nutzt bis dahin alle seine guten Seiten, als Heilpflanze, Gartendünger, Wildgemüse, Insektenpflanze und Vasenblume. Beim Ernten nicht zu sehr an den Rhizomen zerren, das war es dann aber auch schon.
Einige gute Einsatzmöglichkeiten von Giersch habe ich euch in diesem PDF zusammengestellt. Zum Ausdrucken, Ausprobieren und Verschenken, an andere Gierschgenervte.
Warum Giersch blühen lassen hilft
Der Giersch steckt dann seine Kraft in die Blütenbildung, statt sich unkontrolliert durch Ausläufer zu vermehren. Sobald er geblüht hat, kann er sich entspannen und für dieses Jahr in den Feierabend gehen. Er lässt sich dann leichter ausdünnen, ohne dass er neue Triebe bildet.
Auch wer es gerne ordentlich hat, sollte Giersch und Co. mit anderen Augen betrachten und schätzen lernen, was diese Pflanzen an Pionierarbeit leisten. Sie wachsen dort, wo sonst nichts ist. Die Samen sind leicht und zahlreich und können mit dem Wind von weither überall hinfliegen. Ein paar wenige erfolgreiche Keimungen reichen, dann geht es los mit dem Ausläuferbilden. Lange bevor die Pflanze blüht und neue Samen gebildet hat, die dann ja erst im nächsten Jahr wieder keimen und noch mehr Pflanzen bilden könnten, ist die nackte Erde schon bewachsen, oberirdisch mit Grün bedeckt, ein Dach über Kopf fürs Bodenleben und gleichzeitig Biomasse für kleine und große Pflanzenfresser. Unterirdisch durchwurzelt, gelockert und belüftet von mehr oder weniger dichten Wurzelnetzen. Gerade die Mischung ist perfekt: Gäbe es nur diese vegetative Vermehrung, könnten die Pflanzen aber nicht auf sich ändernde Umwelteinflüsse reagieren, sich anpassen, deswegen ist auch die generative Vermehrung wichtig.
Welche Bekämpfungsmethoden unwirksam oder sogar schädlich sind:
Ausgraben: Die kleinsten Wurzelreste treiben neu aus – oft stärker als zuvor.
Umgraben oder Fräsen: Das zerteilt die Wurzeln, sodass der Giersch sich explosionsartig vermehrt.
Mulchen mit Folie oder Karton: Darunter stirbt das Bodenleben, und Giersch kommt meist trotzdem wieder durch.
Chemische Herbizide: Gefährlich für Insekten, den Boden und das Grundwasser – und Giersch überlebt oft trotzdem.
Wie die meisten Doldenblütler ist auch der Giersch ein beliebter Treffpunkt für eine Vielzahl von Insekten. Im Sommer wimmelt es auf den Blüten nur so von Schwebfliegen, Schmetterlingen und Wanzen. Vor allem Käfer lieben Giersch, viele Arten, vom Pinselkäfer bis zu verschiedenen Bockkäfern, sind scharf auf Giersch und andere Doldenblütler. Wildbienen sammeln Pollen, Raupen fressen die Blätter. Auch Schnecken mögen Giersch, er ist also auch perfekt als Ablenkfutter für den Gemüsegarten. Regenwürmer und Bodenlebewesen profitieren von seinem dichten Wurzelwerk, das den Boden lockert. Giersch bildet dichte Dächer unter denen sich Spitzmäuse, Erdkröten oder Eidechsen verstecken könne und auch Spinnen finden in seinem dichten Laub gute Jagdreviere.
Euch ist nicht wohl, Giersch blühen zu lassen, um Käfer anzulocken? Aber Käfer hättet ihr schon gerne? Dann schaut die Käfer-Ausgabe von „Sigrids Artensprechstunde auf Birgits Bio-Balkon“. Hier erzähle ich alles über Käfer im Garten und ihre Liebe zu Doldenblütlern und warum Käfer gegen Schnecken helfen und nicht nur schön, sondern auch sehr wichtig sind.
Es gibt viele Doldenblütler, die es genauso gut können wie Giersch, mit dem Käfer-Anlocken.
Mehr über Käfer im Garten steht auch im Blog-Artikel „Käfer im Garten fördern“.
Mit einem Käferkeller zum Beispiel. Wie das geht, einen solchen zu bauen, steht Schritt für Schritt steht das Wie ihr einen Käferkeller baut, steht in meinem Buch „Mein Garten mehr Arten“
Das Buch gibt’s überall wo es Bücher gibt und natürlich auch direkt bei mir in meinem kleinen Online-Shop unter www.krautundbuecher.de/shop. Versandkostenfrei und auf Wunsch mit Widmung.
Neben dem Käferkeller gibt es in „Mein Garten – mehr Arten noch viele weitere Projekte, mit der euer Garten mit wenig Aufwand schnell artenreicher, klimafester, blühender und grüner wird. Mit wenig Aufwand blühen Blumenbeete, Rasen und Kiesflächen auf, Zäune verwandeln sich in lebendige Grenzen und Mülltonnen bekommen ein grünes Dach.
Ihr habt Lust auf Giersch bekommen?
So fühlt sich Giersch im Garten wohl: Giersch liebt am allermeisten feuchte, humusreiche Böden im Halbschatten.
Zum Beispiel unter Sträuchern oder Obstbäumen am Rand vom Kompost, an Zäunen und Hecken, als Bodendecker zwischen Stauden oder Gehölzen mit lückigem Wuchs wie Rosensträucher, an Wegrändern und Gartenmauern oder zwischen Pflasterfugen. Wer sich traut, setzt Giersch direkt ins Beet. Giersch hat ein wunderschönes Grün und bildet zarte strahlendweiße mittelhohe Dolden. Das passt zu Akelei, Farn, Beinwell, Fingerhut, Glockenblumen, Rosen, Rainfarn oder Mohn.
Auch eine gute Idee: Frühblüher als Gesellschaft für den Giersch. Die ihre Hauptzeit haben und das Licht und den Platz im Beet nutzen, bevor er so richtig loslegt. Zum Beispiel Buschwindröschen, Lerchensporn, Schneeglöckchen oder Veilchen.

Giersch wächst auch auf dem Balkon, da aber sehr, sehr handzahm. Er mag feuchte, nährstoffreiche Erde und braucht Platz für sein Wurzelgeflecht. In Töpfen ist es ihm schnell zu trocken und zu eng. In einem Kübel geht es aber schon. Nicht in die pralle Sonne und viel gießen.
Fazit: Giersch ist kein Feind, sondern ein Geschenk der Natur!
Statt ihn zu bekämpfen, können wir ihn nutzen: als Nahrung, Heilkraut und wertvolle Insektenpflanze. Wer ihn blühen lässt, reduziert seine Ausbreitung und fördert die Artenvielfalt.
Das ist so informativ und wertvoll, danke dafür. Ich habe Giersch seit letztem Jahr erstmalig im Garten und habe den Fehler gemacht ihn direkt auszureißen, er hat ja keine gute Lobby wegen seinem Wurzelsystem. Und jetzt ist er wieder da und ich lasse ihn, nachdem ich das gelesen habe.
Mein Garten verändert sich ständig und ich lasse wachsen was sich so einfindet. Es ist spannend zu sehen und immer wieder neu, ein kommen und auch gehen von Wildpflanzen.
Jetzt warte ich sehnsüchtig auf deinen Beitrag über die Quecke.
Danke für diesen tollen Beitrag.
Wir haben ein richtiges Feld im Garten mit Giersch und Wilderdbeeren.
Ich versuche mal etwas umzusetzen wo ich Bodendecker brauche.
Unser Garten ist eher ein wilder grüner Ort.
Liebe Grüße
Iris