Suche
Close this search box.

Igeln helfen, aber richtig

Wir alle lieben Igel – Igel zu schützen ist nicht schwer, nur manchmal anders als gedacht.

Der Igel ist das Tier des Jahres 2024. Ein Allerweltstier, dessen Lebenslage immer schlechter wird.

Was unter anderem an seinem ganz besonderen Verhalten liegt.

Igel haben keinen Fluchtreflex – sondern diesen Freeze-Reflex. Raubvögel oder auch ein spielwütiger Hund lassen sich so gut vom Leibe halten. Mährobotern oder Menschen mit Motorsense, die unter den Hecken und in wilden Ecken klarschiff machen – denen hat ein Igel so nichts entgegenzusetzen.

Rund ums Jahr kommen schwerverletzte Igel in die Auffangstationen, die beim nächtlichen Futterspaziergang übergemäht oder mit dem Fadentrimmer aus dem Winterschlaf gefetzt wurden.

So knuddelig der Freeze-Reflex übrigens aussieht, es ist sein Überlebensreflex. Statt zu fliehen erstarrt er zu einer stacheligen Kugel. Gegen Raubvögel hilft das großartig. Gegen Autos nicht, oder gegen E-Bikes.

Seht ihr also einen zusammengekugelten Igel auf der Straße oder dem Radweg: Tragt ihn vorsichtig zur Seite. Was auch immer ihn in den Freeze versetzt hat, es dauert ein bisschen, bis er aus dem Ausnahmezustand herausfindet und das könnte schon zu spät sein.

Auch seine Ernährungsweise macht dem Igel das Leben schwer

Igel sind Insektenfresser durch und durch. Insekten gibt es immer weniger, Glyphosat und Aufräumwahn lassen grüßen. Mit den vielfach in unseren Gärten geförderten Wildbienen kann ein Igel wenig anfangen, er frisst vor allem Käfer.

Oft wird empfohlen, Igeln Katzenfutter oder Rührei oder gekochtes Hackfleisch zuzufüttern. Diese Futtermittel sind besser als viele spezielle Igelfuttermischungen und vor allem besser als Essensreste oder Milch. Auf jeden Fall.

Katzenfutter ist aber nicht die Lösung, um Igel zu retten. Gerade Katzenfutter besteht aus Produkten der Intensivlandwirtschaft. Massentierhaltungsfleisch.

Die industrielle Landwirtschaft ist der Hauptgrund für das Leiden der Igel: Hecken und wilde Wiesen – der eigentliche Lebensraum der Igel – sind verschwunden; Insekten sind vergiftet.

Als Notfallrettung ist Zufüttern gut – um alle Igel zu retten reicht es nicht.

So geht wahre Igelliebe

Erstens: Maschinen im Garten nur dann einsetzen, wenn ihr die Stellen vorher auf Igel kontrolliert habt. Während der Winterschlafzeit gar nicht. Denn ein Igel, der aus dem Winterschlaf gerissen wird, ist auch ohne Verletzung mehr oder weniger dem Tod geweiht.

Zweitens: nicht zu viel des Guten tun. Vor allem beim Futter.  Bitte nie Milch geben. Igel sind laktose-intolerant. Wenn, dann Katzenfutter und Rührei.

Aber nicht rund ums Jahr.

Damit der Igel in den Winterschlaf findet, braucht sein Hirn das Signal, dass kein Essen mehr da ist. Bevor es ins Bett geht, sollte ein erwachsener Igel auf 1 Kilogramm kommen; ein Jungigel braucht mindestens die Hälfte. Auch im Frühjahr gilt: findet ihr einen mageren Igel, ist der vermutlich gerade aufgewacht. Bitte nicht vollstopfen. Daran sterben die Tierchen oft, weil nach der winterlichen Fastenkur der Stoffwechsel mit großen Portionen völlig überfordert ist. Nur Wasser ist immer wichtig und gut.

Drittens: Wahre Igelliebe ist – insektenfreundliches Gärtnern

Deswegen sollte man auch die Schnecken dulden, und vor allem die Schneckeneier liegen lassen. Igel mögen Schnecken weniger gern, aber sie mögen Käfer. Und es gibt viele Käfer – vom Glühwürmchen bis zum Laufkäfer – die sich von Schneckeneiern und Schnecken ernähren.

Deswegen müsst ihr euren Garten, die Erdbeeren, Blumen und den Salat, nicht komplett den Schnecken überlassen. Alles darüber, wie der Garten schneckenfest wird, ihr euch vor Schneckenfraß schützt, ohne Schnecken töten zu müssen erfahrt ihr in „Sigrids Artensprechstunde auf Birgits Bio-Balkon“: Schneckenliebe lohnt sich:  Was tun, wenn die Schnecken zu viele sind? Vortrag mit Fragemöglichkeit, Checkliste zum Download und E-Book.

Was hilft Igeln außerdem: Laub liegen lassen, immer und überall

Igel brauchen Laub, um sich ein warmes Bett für den Winter zu machen. Und auch zwischendurch, als Nest für den Nachwuchs.

Auch deshalb gilt: Igelfreunde lassen Laub liegen, überall, nicht nur auf einem kleinen Haufen. Laubhaufen sind viel, viel besser als jede Igelhütte, die man kaufen oder bauen kann.

Und: In und am Laub leben und kleben ebenfalls zahlreiche Insekten und andere Krabbeltierchen. Sein Futter.

Noch mehr Igelwissen und Tipps, dem Igel richtig zu helfen

Wir alle lieben Igel. WAS ist wirklich hilfreich?

Vortrag mit Fragemöglichkeit, Checkliste zum Download und E-Book, unter anderem mit:

Einer kleinen Geschichte, in der spricht der Igel selbst und zeigt sein wahres Ich hinter der niedlichen Fassade.

Wir behandeln ausführlich: Warum geht es Igeln schlecht – und wie es geht, Igeln richtig zu helfen: generell und im Notfall.

2 Antworten

  1. Hallo! Toller Blog – aber eine Anmerkung: da die Futtergrundlage für den Igel mehr als bescheiden ist, geht die Empfehlung, wie bei den Vögeln auch, mittlerweile fürs ganze Jahr raus mit Katzentrockenfutter mit hohem Fleischanteil ohne Zucker- und Getreidezusatz. Viele Igel landen derart verhungert in den Igelstationen…
    Viele Grüße!

    1. Vielen lieben Dank für das Feedback. Zum Thema Füttern gibt es verschiedene Dinge zu beachten. Klar, wenn man Katzenfuter für den Igel hinstellt oder Knödel aufhängt für die Vögel, dann tut man den Tieren in seinem Umfeld etwas Gutes. Den Tieren, die das nutzen. Vor allem bei den Vögeln erreicht man nur einen kleinen Teil der Arten – Schwalben zum Beispiel wissen mit Körnerfutter im Silo überhaupt nichts anzufangen. Beim Igel ist es ein bisschen „ähnlich“, denn viele andere Arten, die wie Igel Insektenfresser sind (Amphibien, Reptilien zum Beispiel, Maulwürfe etc.) werden mit Katzenfutter nicht „erreicht“. Da sie eher klein und auch in ihrem Verhalten anders sind (Igel sind neugierig und haben keinen FLuchtreflex, deswegen lassen sie sich leicht finden) sterben sie still und leise im Gebüsch – niemand bringt eine verhungernde Kröte in eine Auffangstation. Deswegen: Füttern ist toll und macht Spaß – es ändert aber eben nichts an der desolaten Gesamtsituation. Deswegen ist es mir so wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, wilde Ecken im Garten zu haben – für alle Tiere. Und dass natürlich Katzenfutter, Vogelfutter usw. intensivlandwirtschaftlich produziert wird. Intensivlandwirtschaft ist der Hauptverursacher der Insektenmisere. So hält man einen Kreislauf in Gang, der zur bescheidenen Situation der Igel geführt hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert