Vogelgrippe! Vogelfüttern?
Fragen über Fragen: Darf ich noch füttern? Sind Gartenvögel gefährdet? Was tun, wenn kranke Vögel am Futterhaus sind?
Die gute Nachricht: Singvögel sind bislang kaum betroffen; sondern eher Wasservögel, allen voran die Kraniche. Aber wir wissen seit Corona, dass Viren mutieren und Wirte wechseln können; außerdem haben Singvögel eigene Krankheiten. Die finden zwar weniger Beachtung, weil sie sich oft nicht auf Nutztiere ausweiten, und der Schaden nicht ökonomisch ist, sondern „nur“ ökologisch.
Erstmal vorneweg die Theorie: Die Vogelgrippe – oder auch Geflügelpest genannt – ist eine Virusinfektion, die vor allem Wasservögel betrifft. Diese Tiere tragen das Virus oft im Darm oder in den Schleimhäuten. Besonders gefährdet sind Nutztiere wie Hühner, Enten, Gänse und Puten. Wenn sich Wildvögel und Hausgeflügel begegnen, kann sich das Virus ausbreiten – und weil es sich bei Massentierhaltung rasant weiterentwickelt, kommt es immer wieder zu neuen Ausbrüchen. Auch aus diesem Grund ist das Thema so präsent; weil es ökonomische Schäden verursacht, weil „der Weihnachtsbraten in Gefahr“ sein könnte; weil die Eierpreise steigen werden. Weniger, weil es ökologisch schrecklich ist, wenn Glücksvögel wie die Kraniche zu tausenden sterben an ihren Treffpunkten für den Herbstzug.
Gartenvögel wie Meisen, Spatzen, Rotkehlchen oder Amseln sind bislang kaum betroffen.
Aber: Viren sind keine Langeweiler. Sie verändern sich, mutieren, springen über. Das haben wir alle in den Corona-Jahren gelernt.
Stand jetzt besteht für Menschen derzeit kaum Gefahr. Nur wer engen Kontakt zu infizierten Tieren hat – etwa in betroffenen Betrieben – kann sich theoretisch anstecken. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch hat es bisher nie gegeben. Trotzdem: Vorsicht ist besser als Nachsicht, auch bei Spaziergängen mit Hund oder Kind in der Nähe von Rastplätzen großer Wasservogelgruppen.
Vogelfütterung im Garten - immer mit Vorsicht
Ein Futterhäuschen ist also KEIN Vogelgrippe-Hotspot; von Stallpflicht usw. sind Gartenvögel nicht betroffen. Aber: GENERELL kann ein Futterhäuschen eine Krankheitsbörse sein
Auch ohne Vogelgrippe gibt es gefährliche Krankheiten unter unseren Gartenvögeln – die sich über so einen Hotspot mit hoher Vogeldichte rasant unter der jeweiligen Art ausbreiten können.
Es lohnt sich also, regelmäßig innezuhalten und die eigene Fütterungspraxis zu hinterfragen.
Denn wo viele Vögel zusammenkommen, gibt’s auch viel Kot, viel Futterreste und viele Kontakte. Das ist völlig normal – aber eben auch ein Einfallstor für Parasiten, Salmonellen und bakterielle Infektionen.
Deshalb gilt: Füttert, wenn ihr wollt – aber richtig. Und das heißt:
Sauberkeit: Futterstellen regelmäßig reinigen (am besten mit heißem Wasser, keine Chemie).
Trockene Plätze: Feuchtes Futter quillt auf, kann gären oder schimmeln. Das führt zu Magen- und Kropfentzündungen. Gerade die sonst gut geeigneten Futtersilos (kann keiner reinklecksen) sind dafür anfällig.
Jeden Tag frisch: immer nur wenig und jeden Tag frisch auslegen, dann kann nichts gammeln; und ungebetene Mitesser kommen auch nicht.
Futterqualität: Keine Brotstücke, keine Essensreste. Lieber kleinkörniges Wildvogelfutter – oder selbst sammeln, zum Beispiel Brennesselsamen.
Keine Massenansammlungen: Lieber mehrere kleine Futterstellen im Garten oder auf dem Balkon verteilen, statt einer großen.
Enten und Co zu füttern ist IMMER tabu - und jetzt erst recht
So gut gemeint und so herzig und spassig es ist: Wasservögel füttern ist nie eine gute Idee. Nicht im Winter, nicht mit altem Brot, und schon gar nicht während einer Vogelgrippewelle.
Denn: Das Füttern lockt große Gruppen an einem Ort zusammen – perfekte Bedingungen, um Krankheiten zu übertragen.
Brot und Küchenreste verderben schnell, werden verschimmelt gefressen und führen zu Verdauungsproblemen und Kropfentzündungen.
Zu viele Vögel auf engem Raum verschmutzen das Wasser. Durch Kot und Futterreste entstehen Algenblüten und Sauerstoffmangel, was wiederum Fische und andere Wasserlebewesen belastet.
Füttern ist schön – aber kein Ersatz für Lebensraum
So sehr wir das Vogelhäuschen lieben und unsere gefiederten Freunde zu beobachten; und das Gefühl genießen, ihnen etwas Gutes zu tun: Echter Vogelschutz beginnt nicht mit Futter, sondern mit Strukturen. Hecken zum Verstecken und voller Früchte, überall Laub liegen lassen, Blattläuse begrüßen, Fallobst mit Maden, Laubhaufen, Staudenreste, alte Äste – das alles ist Nahrung, Deckung und Nistplatz zugleich. Je wilder euer Garten, desto besser geht es euren Vögeln. Sie finden Nistmaterial und können sich ihr Futter selbst suchen. Statt vielleicht aus Versehen was Falsches zu fressen.
Und ein „wilder“ Garten ernährt auch Arten, die mit dem Futterhaus nicht erreicht werden können: reine Insektenfresser wie Schwalben zum Beispiel; oder Raubvögel.
Auch Balkonmenschen können viel tun: mit wilden Kräutern, Doldenblütlern, Disteln und insektenfreundlicher Balkonbepflanzung. All das liefert den Vögeln natürliche Nahrung.
Mehr dazu findet ihr in meinem Blogartikel „Vogelfreundlicher Garten“
Also:
Vögel füttern am Balkon und im Garten ist schön. Vor allem für uns Menschen. Gut für alle Vögel ist es nicht unbedingt immer, und aus Gründen des Naturschutzes nicht nötig. Verpflichtet fühlen muss sich niemand, genießen dürfen wir es alle. Ob wir Vögel füttern und warum, ist eine persönliche Entscheidung, die jeweils unterschiedlich ausfällt.
Was wichtig ist zu wissen, und mehr als in einen Blog-Artikel passt, erfahrt ihr in der passende Folge der Artensprechstunde: „Vögel füttern im Garten und am Balkon“: Hier erfahrt ihr in einem bildschönen Online-Vortrag wann füttern und was und wo, es geht ausführlich um Hygiene und Sicherheit, wie umgehen mit ungebetenen Mitessern? Und: wie können wir auch all die Vögel unterstützen, die wir mit dem üblichen Futterhaus nicht erreichen?
Dazu bekommt ihr ein EBook zum Nachlesen und die Möglichkeiten, mir im Chat Fragen zu stellen, die noch offen sind.
Jede Artensprechstunde kostet 9 Euro. Die Buchung wird über digistore abgewickelt. Ihr erhaltet dann eine Mail mit den Zugangsdaten; und könnt die Artensprechstunde sofort anschauen, so oft und wann ihr wollt. Oder Fragen im Chat stellen und die Antworten nachlesen.
Fazit: Ruhe bewahren beim Thema Vogelgrippe und nicht nur zu Zeiten der Vogelgrippe verantwortlich handeln. Wenn ihr im Garten oder auf dem Balkon füttert, macht es bewusst, sauber und mit Blick auf das, was wirklich hilft. Lasst Wasservögel in Ruhe (generell). Und sorgt für möglichst viel natürliche Vielfalt.

